Mit manchen Büchern verhält es sich so wie mit Zombies: Man hört erst von ihnen, wenn es fast zu spät ist. Wobei, bei Büchern kann man ja kaum sagen, dass es zu spät ist sie zu lesen (oder man kommt in die Hölle weil man nie die Bibel gelesen hat), es sei denn man möchte sie noch vor dem Film lesen, durch den man überhaupt auf sie aufmerksam wurde. Eben jener Film ist „World War Z“ mit Brad Pitt in der Hauptrolle und er soll ja, glaubt man den wenigen Informationsfetzen, die ich mir vor der Sichtung erlaubt habe, relativ wenig mit dem Buch zu tun haben. Nichts desto trotz wollte ich mir im Vorfeld die Hintergrundgeschichte geben, das Ergebnis lest Ihr hier. Was ich im Vorfeld schon sagen kann: Die Geschichte von „Operation Zombie“ liest sich ganz anders, als man es von Zombiegeschichten oder Filmen kennt.
Die Menschheit hat einen erneuten Weltkrieg überstanden – und gesiegt. Dieses Mal jedoch haben sich nicht verschiedene Länder gegenseitig bekriegt, sondern die Menschheit musste sich zusammentun, um einen scheinbar übermächtigen Gegner zu bezwingen: Zombies, die wandelnden Toten. Blitzartig breitete sich die „Seuche“ über den gesamten Planeten aus und es bedurfte einer besonderen Strategie, der Situation her zu werden. Max Brooks arbeitet die Geschehnisse in seiner Reportage auf, welche kurz nach dem Sieg über die Infizierten erschien. Anhand von Interviews mit Augenzeugen wird rekonstruiert, wie es soweit kommen konnte und was nötig war, um der Situation Herr zu werden.
Die Zombiethematik ist ja bald so alt wie die Menschheitsgeschichte. Unzählige Filme und Bücher sind hierzu erschienen, aber interessanterweise hat sich wohl noch kaum jemand die Frage gestellt, was NACH einer Epidemie bzw. einem Krieg gegen die Untoten passiert. Wie ist die Menschheit damit fertig geworden, was hat es aus den Menschen gemacht, wie geht es danach weiter? Insofern ist die Ausgangssituation in dem Buch „Operation Zombie“ schon einmal eine sehr interessante. Durch die Dokumentarform (Interviews, Augenzeugenberichte) wird auch ein gewisser Grad an Realismus geschaffen, welcher durch die tatsächliche Geschichte noch gestützt wird. Nicht nur einmal denkt man sich: Ja, so könnte es ablaufen.
Brooks springt dabei kapitelweise von einem Land ins andere, lässt jemanden aus Irland berichten, um danach bspw. aus Kapstadt zu berichten. Während man zuerst noch den Eindruck bekommt, dies geschieht willkürlich und die einzelnen Geschichten hätten wenig bis gar nichts miteinander zu tun (außer, dass eine andere Sichtweise des Krieges geschildert wird), ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild, vom ersten Ausbruch der „afrikanischen Tollwut“, über die Große Panik bis zum Sieg und seinen Folgen. Jeder Interviewpartner erzählt dabei nur den Teil der Geschichte, in welchem er beteiligt war, kommentiert die Geschehnisse woanders manchmal kurz, welche der Leser ein paar Kapitel weiter vorne kennengelernt hat, oder aber vielleicht erst noch kennenlernen wird. Auf diese Weise entsteht Kopfkino, man stellt sich sein eigenes Bild über den Krieg zusammen, ohne das Brooks einen Helden benötigt, der einen über die ganze Geschichte begleitet.
Die Sichtweise ist gut, die Doku-Variante ist clever gewählt, die zeitliche Positionierung nach dem Krieg ist genial. Doch es gibt auch Schattenseiten. Sicher, jedes Kapitel behandelt einen anderen Interviewpartner aus verschiedenen Ländern der Erde, und doch liest es sich nicht so. Genausogut könnte es hier um eine Person handeln, die zu verschiedenen Aspekten des Krieges befragt wird, die charakterlichen Unterschiede der Menschen werden nur minimal deutlich. Ob da grade jemand aus Israel oder Südafrika spricht, wird nur in der kurzen Intervieweinleitung deutlich, in welcher die Person kurz vorgestellt wird – welche teilweise auch für sich genial sind, wenn man mal sieht was die Leute VOR dem Krieg gemacht haben und womit sie jetzt beschäftigt sind, wie der Krieg ihre Sichtweise verändert hat.
Nach dem Ausbruch des Krieges wird es jedoch, bevor es zum „totalen Krieg“ und schlussendlich zum Sieg kommt, erzählerisch etwas ruhiger. Ich glaube, hier hätten dem Buch ein paar Seiten weniger ganz gut getan, zwischen Mittelteil und Schluss wird es dann doch etwas langatmig. Und die interessanten Geschichten – ich verweise hier mal auf das Schicksal Nordkoreas – werden zu schnell abgehakt, obwohl ich insbesondere hiervon gerne mehr erfahren hätte.
Trotz allem: „Operation Zombie“ macht Spaß zu lesen, bildet wirklich jeden erdenklichen Aspekt eines möglichen Krieges gegen die Untoten ab und ist zu Recht (oder gilt zumindest, soweit ich gehört hab, als) das Standardwerk der Zombiefreunde dieser Welt. Der Welt VOR dem Krieg.
Der Film für alle, die eine genaue Buchadaption erwarten:
Im Grunde könnte ich die Besprechung hier ganz kurz halten indem ich nur schreibe: Die Zombies können rennen und man sieht kein Blut. Was im Umkehrschluss ja bedeutet: Die schlurfende Bedrohung von Millionen Zombies und die damit einhergehende Grausamkeit an den Menschen wird ausgetauscht durch infizierte ADHS-Sprinter, die aussehen als würden sie den Robotertanz aufführen wollen. Die Infektion geht innerhalb von Sekunden vonstatten, was natürlich enorm Spannung rausnimmt. Wo es Max Brooks perfekt gelingt, die globale Bedrohung zu verdeutlichen, den unterschiedlichen Umgang der Nationen mit der „Epidemie“ und die jeweiligen Folgen, ist der Film nur eine wilde Hatz von Land zu Land, bei der Brad Pitt auf die Schnelle ein paar Schausplätze des Buches abklappern muss, damit es überhaupt einen Bezug zum Roman gibt. Nur durch die Entscheidung der rennenden Zombies und der schnellen Infektion wurde vieles zerstört, zum Beispiel hätte die Einlasskontrolle in Jerusalem so viel hergemacht – unverständlich und dumm, dass Potenzial des Buches an dieser Stelle nicht auszuschöpfen. Yonkers und Hope: Zwei entscheidende Kriegsschausplätze mit jeweils anderer Wirkung auf die gesamte Menschheit, die vollkommen außen vor gelassen werden. Der gleiche Titel, ein paar Schauplätze aus dem Buch und die Nennung einiger Personen aus der Vorlage, mehr hat der Film in keinster Weise mit Max Brooks Werk gemeinsam. Wo das eine den tatsächlichen Horror literarisch aufarbeitet, ist das andere ein fast schon gewaltfreier Familienfilm mit vielen Explosionen und uninteressanten Charakteren.
Der Film für alle, die einfach einen guten Film erwarten:
Hier wähle ich einfach mal den gleichen Einstieg – Im Grunde könnte ich die Besprechung hier ganz kurz halten indem ich nur schreibe: Die Zombies können rennen und man sieht kein Blut. Zombies rennen nicht. Und da Zombies im Umgang mit Menschen nicht grade fürsorglich sind, ist ein Zombiefilm, der ab Werk schon mit so einer niedrigen Freigabe kommt, eigentlich nicht im Sinne des Erfinders. Was aber erst mal nichts heißen soll, denn der Horror kann ja auch im Kopf stattfinden, Gore durch Grusel ersetzt werden, Gewaltfreiheit durch Spannung. Marc Forster schafft es jedoch kaum, so etwas wie Kopfkino, Grusel oder Spannung aufkommen zu lassen, vom Beginn des Films einmal abgesehen: Der Zeitraum „Frühstück der Familie Pitt bis zur letztendlichen Trennung, weil Daddy zur Arbeit muss“ ist sowohl spannend, als auch erschreckend. Das alles dauert nicht lange, ist dadurch aber noch beängstigender und sehr atmosphärisch. Sicher, etwas hektisch geschnitten das Ganze, aber schon ok. So hätte es gerne weitergehen können.
Im Grunde geht es aber so weiter: Brad Pitt reist in ein Land, sorgt im Vorbeigehen für ein paar Tote (auf beiden Seiten) und reist ins nächste Land. Nebencharaktere gibt es im Grunde nicht wirklich, auch wenn er natürlich seine Familie liebt und seine Tochter natürlich Asthma hat (Drama! Obwohl, ne, nicht wirklich.), aber wirklich handlungs- oder kriegsentscheidend sind die nicht. Aber der Held muss ja immer auch eine persönliche Motivation haben. Und so bleibt es dabei, dass die ersten Minuten an der neuen Location ruhig verlaufen, bevor es dann richtig losgeht: Zombies auf dem Rollfeld, Zombies, die eine Stadt einnehmen, Zombies on a Plane.
Die Massenszenen sehen ja ganz gut aus, wiederholen sich aber doch ziemlich. Nach der fünften Vogelperspektive ist das nicht mehr so neu, auch wenn’s vielleicht ne andere Stadt ist. Wofür genau man jetzt den 3D-Aufschlag bezahlt hat, ist wieder ein Rätsel, doch gilt hier: Hin und wieder gibt es mal ne dreidimensionale Szene, die recht schick ist, im großen und ganzen ist der Film aber, passend zur Story und den Charakteren, ziemlich zweidimensional.
„World War Z“ ist in hektisch geschnittener, blutleerer und zahnloser Actioner, in dem zufällig Zombies mitspielen – unter „Zombiefilm“ oder „Horrorfilm“ stellt man sich wirklich was anderes vor. Der Film ist jetzt kein Totalausfall, aber bei weitem nicht das was er hätte sein können, auch unabhängig von der Vorlage. Und ich wüsste gerne, ob „Ermittler bei der UN“ eine offizielle Berufsbezeichnung ist und was man da so macht, den ganzen Tag.
Ich kann dir auf ganzer Linie nur zustimmen. Eine Sache die mich im Buch besonders begeistert hat sind die vielschichtigen Details die sich Brooks ausgedacht hat. Ob es nun Politik ist, wie beispielsweise die Verhaltensweise der Chinesen oder Israelis (was im Film kurz angerissen wurde) oder so simple Sachen wie die enorme Umweltverschmutzung und Wildtierdezimierung. Das trägt ungemein zur Geschichte bei und hat mich das Buch ratzfatz durchlesen lassen.
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Ich habe sehr oft während eines Kapitels gedacht „Stimmt, das muss man ja auch bedenken!“ – wie zum Beispiel bei der ISS, den Katakomben unter Paris oder den Unterwasser-„Ghuls“ unter den Bohrinseln.
Ich war nach einer Woche durch. Am 29.06.13 gekauft, gestern fertig. Für mich ist das (heutzutage) auch sehr schnell. Aber, wie gesagt: Manche Kapitel haben sich etwas gezogen.
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Das Buch hat mir ähnlich gut gefallen (auch 8 Punkte). Um den Film sollte ich wohl einen Bogen machen. Hmm. Schade.
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Also, ich fand den Film eigentlich gar nicht so schlecht. Abgesehen davon, dass es an einigen Stellen viel zu schnell ging. Und abgesehen davon, dass es außer Brad Pitt keinen wichtigen Charakter gibt. Aber alles in allem nicht schlecht und die Zombies eine interessante Abwechslung zu solchen in „The Walking Dead“ oder „28 Days Later“.
Aber dass es ein Buch dazu gibt, finde ich ja jetzt megacool! Das muss ich unbedingt lesen, klingt nämlich ganz interessant. Ich danke schonmal für den Tipp 😉
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Nach der Lektüre des Buches siehst Du den Film mit anderen Augen…
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