Kurzkritik: DAS WAISENHAUS [2007]

Alte Häuser haben ja schon etwas Gruseliges an sich, dass zeigten ja unter anderem „Amityville“ oder auch „The Others“. Selbst bei „Halloween“ ist immer wieder von dem gruseligen „Myers-Haus“ die Rede. Wenn sie dann noch in der ländlichen Einöde liegen und es an allen Ecken und Enden knarzt und pocht und was nicht alles, kann einen das schon des Nachts etwas unruhig werden lassen. Aber nicht nur Häuser sind im Horror- oder Mystery-Genre beliebt, sondern auch Kinder. Irgendwas stimmt mit denen meist nicht, ob nun bei den ganz jungen („Rosemary’s Baby“) oder den schon etwas älteren („Das Omen“, „Orphan“ etc…) – und wenn es nur ist, dass sie mit dem Teufel im Bund sind. À propos „Orphan“: Waisenkinder sind da ja sowieso die Schlimmsten. Im Grunde war es also nur eine Frage der Zeit, bis einem die Kombination über den Weg läuft: Ein altes Haus voller Waisen – „Das Waisenhaus“, quasi. Und wer den Film noch nicht gesehen hat: Ich werde hier auf entscheidende Spoiler verzichten.


Laura, inzwischen erwachsen, verheiratet inkl. adoptiertem Kind, kehrt an den Ort ihrer Kindheit zurück, um dort ein Pflegeheim für behinderte Kinder einzurichten: Ein altes Waisenhaus, welches seit seiner ursprünglichen Nutzung leer steht. Alles läuft wie geplant, bis auf die Tatsache, dass ihr Sohn Simon mit imaginären Freunden spielt, die irgendwie Lauras Kindheit entsprungen zu sein scheinen. Laura und ihr Mann nehmen das allerdings nicht ganz so ernst, bis Simon am Tag der Heim-Eröffnung spurlos verschwindet…

„Das Waisenhaus“ ist einer dieser Filme: Verrät man zu viel, ist das Erlebnis der Erstsichtung ein ganz anderes. Das kennt man ja schon vom eingangs erwähnten „The Others“: Wer weiß, wie der Film ausgeht, sieht ihn mit ganz anderen Augen, erst recht, wenn man das Ende kennt, aber den Film noch nicht mal gesehen hat. Ähnlich hier: Hätte ich gewusst, wie der Film ausgeht, ich hätte ihn ganz anders wahrgenommen. Und so viel sei verraten: Auch wenn der Film fast sechs Jahre alt ist, wer ihn bis jetzt noch nicht gesehen hat, sollte dies schleunigst nachholen. Jetzt könnte man natürlich sagen, die Geschichte sei nicht besonders innovativ und besteht nur aus typischen Versatzstücken des Genres, was zum Teil ja auch stimmt. Aber es ist zum einen das Ende, dass meine ich in der Form so nicht vorherzusehen war und zum anderen die Umsetzung, die aus dem Film etwas Besonderes macht.

Denn technisch spielt er in der ersten Liga. Kamera, Schnitt, Beleuchtung, Score – eins greift hier ins andere, keine Szene, kein Effekt, der überflüssig wirkt. Und so erschafft „Das Waisenhaus“ eine gruselige Atmosphäre, die den Zuschauer in seinen Bann zieht. Anders als vielleicht in vergleichbaren Genrevertretern geht es hier aber viel weniger um Schockeffekte und gruselige Geräusche, der Film fokussiert sich hier auf Laura, wie sie leidet, was sie durchmachen muss, wie sie sich entwickelt. Dann ist er stellenweise mehr Drama als Mystery, „Horror“ schon gar nicht, aber Angst haben darf man teilweise trotzdem und das Ende macht einen fertig. Es gibt insbesondere eine Szene im Film, ab der ich den Rest dann alleine weitergucken durfte. Zugegeben – ein wenig sollte man das Genre schon mögen.

Wer’s gern gruselig hat, kommt an „Das Waisenhaus“ schwerlich vorbei. „[Rec]“ und „The Others“ zeigten ja bereits, dass den Spaniern Horrorfilme und Mystery liegen (auch wenn es da mit Sicherheit auch genug Gegenbeispiele gibt), „Das Waisenhaus“ führt die Beweisführung fort. Kurz gesagt: Großartiger Film.

7 Kommentare

  1. Florian Lieb (@Flo_Lieb) · November 22, 2012

    War für mich seiner Zeit einer der schlechtesten Filme des Jahres. Unspannendes 0815-Horror-Filmchen, so vorhersehbar, wie der morgendliche Sonnenaufgang. Aber ich fand auch THE OTHERS und [REC] nicht gut, von daher trifft’s dein Fazit denke ich schon gut.

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    • Xander · November 22, 2012

      Ach, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Welchen Film des Genres könntest du deiner Meinung nach uneingeschränkt empfehlen?

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    • Florian Lieb (@Flo_Lieb) · November 22, 2012

      Es ist ja nicht wirklich mein Genre, da es voraussetzt, dass jede Logik, selbst die dem FIlm inhärente, außer Kraft gesetzt wird. Zudem sind die meisten Horror-Filme noch einem Subgenre verordnet, aber um ein paar Namen zu nennen: ich mag EVENT HORIZON und A NIGHTMARE ON ELM STREET. CUBE finde ich interessant, RINGU mochte ich, Kubricks THE SHINING sowieso.

      Diese Geisterkinder-Filme finde ich jedoch ziemlich unspannend, vor allem auch in Verbindung mit del Toro, der das Thema ja schon ziemlich durchexerziert hat.

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    • Xander · November 22, 2012

      Siehste mal. Wenn ich mich recht erinnere (ist schon länger her) fand ich „Event Horizon“ mehr so semigut.
      „Ringu“, also das Original, kenne ich nicht, den Rest der von dir genannten Filme finde ich auch gut oder zumindest interessant.

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  2. bullion · November 22, 2012

    Ich fand den Film auch sehr sehenswert mit schönem und gruseligem Twist am Ende, doch insgesamt nicht ganz so gut wie du. Dabei mag ich auch „Event Horizon“ – Sci-Fi-Horror eben 🙂

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    • Xander · November 22, 2012

      „Sci-Fi-Horror eben“
      Da hätte ich ja gar nicht gegen (ganz im Gegenteil), aber irgendwie ist seinerzeit der Funke nicht ganz übergesprungen. Vielleicht gebe ich dem Film irgendwann mal wieder eine Chance.

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