GRAVITY (3D) [2013]

gravity3d_01Manche Filme hat man einfach nicht auf dem Zettel – weil man von anderen Genre-Vertretern enttäuscht wurde und der Trailer einen nicht wirklich überzeugt hat, zum Beispiel. Da müssen erst andere kommen und ihre Meinung kundtun, und wenn dann alle Welt jubiliert und frohlockt, wie toll der Film ist, dann guckt man ihn sich dann doch mal an. Erst recht, wenn man die Thematik (hier: Weltraum) sowieso mag. Und was soll ich sagen: Die anderen haben (wie so oft, aber nicht immer) Recht. Größtenteils zumindest, denn nicht alles an „Gravity“ rechtfertigt die Bezeichnung Meilenstein. Aber dazu später mehr.


Astronaut Matt Kowalski und die Ärtin Dr. Ryan Stone sind mit ihren Kollegen mitten in einer Space-Shuttle Mission am Hubble Teleskop, als ein Trümmerfeld eines zerstörten Satelliten auf sie zu rast. Matt und Ryan können sich retten, das Space Shuttle wird zerstört. Scheinbar hoffnungslos treiben beide Astronauten im All und haben nur 90 Minuten, bis das Trümmerfeld erneut ihre Umlaufbahn erreicht…

Menschen auf sich allein gestellt, nur das Überleben zählt: Eine ähnliche Situation gibt es schon in vielen Filmen, beispielhaft sei hier „Buried“ erwähnt. Nun kann man natürlich glauben, im Weltall ist das noch ne ganz andere Liga, die Chance da heile raus- bzw. auf die Erde zu kommen, ist ja doch eher gering. Aber wenn auch nicht alles wissenschaftlich korrekt abläuft: Spannend ist es allemal, man hat zu keine Sekunde das Gefühl: „Super, Frau schwebt im All. Oh. Frau schwebt immer noch im All“. Der Film hangelt sich von einer scheinbar ausweglosen Situation zur nächsten, ohne dass dies jedoch negativ auffällt. Man wird es nicht leid, mit Frau Bullock zu leiden, selbst in der Schlussszene hörte man noch Mitleidsbekundungen im Saal, und das nicht von Leuten, die man sowieso immer während des Films hört, denn bei „Gravity“ ist es ruhig im Kino. Die Stille des Alls überträgt sich von der ersten Minute an in den Kinosaal, was aber auch noch andere Gründe hat.

Und das sind Gründe, die es wirklich in sich haben: Bild und Ton. Dann was Cuarón da auf den Zuschauer loslässt, lässt den Zuschauer nicht mehr los. Angefangen vom ersten spektakulären Blick auf die Erde bis hin zu den Einschlägen der Trümmerteile: Die (wohl vorwiegend am Computer generierten) 3D-Effekte suchen ihresgleichen und machen den Kinobesuch bzw. die große Leinwand bei „Gravity“ zur Pflicht. Definitiv ein Film, der wohl leider bei der 2D-Zweitsichtung im Heimkino so einiges an Wirkung einbüßen wird. Natürlich, auch hier ist der 3D-Effekt nur optische Spielerei und trägt nicht zur Handlung bei (wie auch), doch hat man in diesem Film das erste Mal das Gefühl, sich mit im Weltraum zu befinden, man schwebt mit Clooney und Bullock durchs All – fantastische Aufnahmen, kann man gar nicht oft genug sagen.

Es sind dann aber leider auch diese Aufnahmen, auf die sich der Film zu sehr verlässt und insbesondere in der zweiten Hälfte fällt es schwerer, den Fortlauf der Handlung so zu akzeptieren. So spannend und realistisch sich der Film zu erst anfühlt, diese Wirkung wird leider einem zu sehr auf Showdown getrimmten Endes geopfert. Sicherlich, man kann von einem „kathartischen Moment“ sprechen, so wirklich nötig war das jedoch nicht, war mir die Hintergrundgeschichte von Frau Bullock in diesem Film sowieso egal. Unnötige Schwere in der Schwerelosigkeit des Alls, versuchter Tiefgang in einer ansonsten eher simplen Story.

„Gravity“ braucht die große Leinwand mehr als das 3D, aber in der Kombination ist der Film ein Fest für die Sinne. Wenn auch die Geschichte nicht immer (und in der zweiten Hälfte eher weniger) zu überzeugen weiß, bekommt man audiovisuell einiges geboten. Das ist kein Autorenkino, das ist ein Abtauchen in eine andere Welt, Style over Substance, aber in gut. Die Antwort auf all den anderen effektgeladenen Weltraumschrott, der hin und wieder in die Umlaufbahn der Kinos gerät.
kritik

So, jetzt mal ein kleiner SPOILER als Nachtrag:

Hab ich irgendwas verpasst oder machte der Abgang vom Clooney-Schorsch aufgrund fehlender Fliehkräfte bzw. fehlender „Gravity“ überhaupt keinen Sinn? Diese Szene fand ich sehr schade, sie machte hauptsächlich den realistischen Eindruck zunichte, weswegen ich froh über eine schlüssige Erklärung wäre, die mir entgangen ist…

20 Kommentare

  1. Florian Lieb (@Flo_Lieb) · Oktober 28, 2013

    Hab ich irgendwas verpasst oder machte der Abgang vom Clooney-Schorsch aufgrund fehlender Fliehkräfte bzw. fehlender “Gravity” überhaupt keinen Sinn?

    Physikalisch machte da ohnehin wenig einen Sinn, vom Satelittendebris bis hin zum Gehopse vom Hubble-Teleskop zur ISS rüber zur Shenzou. Zu all den physikalischen Fehlern gab es vor zwei bis drei Woche ja einige Artikel auf US-Seiten, aber ja, allen voran Clooneys „Suizid“ war reichlich unsinnig und sollte wohl nur den Fokus vollends auf die Bullock lenken.

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Mit allen anderen Sachen konnte ich ganz gut leben, z.B. dass scheinbar eine Raumstation neben der anderen parkte. Aber eben diese Szene war so offensichtlich konstruiert, das fand ich schade. Dann hätte man ihn auch einfach abdriften lassen können.

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  3. bullion · Oktober 28, 2013

    Im Grunde sehen wir das tatsächlich ähnlich, nur dass bei mir der kathartische Moment mehr gewirkt hat – und zwar nicht aufgrund der Hintergrundgeschichte, sondern der Tortur, die Dr. Stone bisher durchgemacht hat.

    Das Abdriften ist mir übrigens nicht als sonderlich unlogisch aufgefallen. Er hatte eben irgendein Beschleunigungsmoment und aufgrund fehlender Reibung hat es ihn eben weitergezogen… was weiß ich. Über sowas hatte ich mir echt keine Gedanken gemacht, dazu war ich viel zu sehr in dem Film drin.

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Eben diese Szene hat mich halt rausgerissen. Sie hätte nur minimal an ihm ziehen müssen und er wäre „freiwilig“ zu ihr rübergeschwebt. Ähnlich wie bei den Schubdüsen in allen Minuten zuvor – ein kurzer Schub und los gehts.
      Klar, es ist ein Film und dementsprechend unrealistisch. Aber das war ein grober Schnitzer.
      Anders herum wäre zu viel Realismus auch blöd gewesen, tragen Astronauten doch eigentlich Windeln. Da hätte manche Szene anders ausgesehen…

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    • bullion · Oktober 28, 2013

      Ja, manche Dinge will man gar nicht sehen… 😉

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  4. maloney · Oktober 28, 2013

    Schön zu sehen, das die meisten dem Film, die Anerkennung zukommen lassen, die er verdient!

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Auf jeden Fall!

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  5. Jan · Oktober 28, 2013

    Mir gefiel die Geschichte um Dr. Stone eigentlich ziemlich gut, bis auf die letzten paar Minuten, die man sich hätte sparen können. Natürlich steckt die Handlung gegen die audiovisuellen Elemente deutlich den kürzeren. Es war aber einfach mal wieder schön zu sehen, eine kleine Story im Genrekino zu sehen, die keine globalen Auswirkungen hat.

    Der Film wirkt übrigens auch in 2D sehr gut 😉

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Gegen die Story an sich hab ich auch gar nichts einzuwenden. Im Großen und Ganzen ist das ein Film zum „Erleben“ – da kann die Geschichte gerne mal hintenanstehen wenn der Rest passt, was er hier definitiv tut. Das man Dr. Stone hier noch zwingend mehr Background geben wollte – geschenkt. Was mir aber bei dem Ende noch einfällt: Ging das nur mir so oder kamen ihre ersten Gehversuche im Schlick besonders träge zur Geltung, weil man als Zuschauer selber auch quasi schwerelos war im Vorfeld?

      Das mit dem 2D glaub ich gern, aber wenn ich mir vorstelle, die Erstsichtung wäre auf nem Fernseher (ok, je nachdem wie groß dieser ist) – es wäre nicht das gleiche gewesen. Wie ich ja oben schon schrieb: Der Film braucht die Leinwand mehr als das 3D.

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  6. Florian Lieb (@Flo_Lieb) · Oktober 28, 2013

    Auf jeden Fall ein Film für alle, die Sandra Bullock immer schon mal bellen hören und sehen wollten… XD

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Stimmt, ganz großer Moment!

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  7. phyxius · Oktober 28, 2013

    Punkte- und punkteerklärungstechnisch sind wir da fast auf einer Linie. Und auch ich würde den Film nicht als Meilenstein bewerten.

    Was den Abgang vom Clooneygeorge angeht: Bei dieser speziellen Szene ist mir die physikalische Fragwürdigkeit nicht so sehr aufgefallen, dafür bei so manch anderer, in der sich die Protagonisten bewegt und sich dann irgendwo festgehalten haben. Aber ich habe mir diese Szenen durch mein notorisches Physik-Nichtwissen geflissentlich schöngeredet, deswegen haben sie mich beim Schauen nicht gestört.

    Was die Bewegungen in der Endsequenz angeht: Das sollte (wie schon die ganzen Szenen davor) wohl die (Wieder-)Geburt optisch verdeutlichen. Anders kann man sich das kurze Schläfchen auch nicht erklären, als Frau Bullock zusammengerollt in der MIR vor dem Bullauge rumgeschwebt ist.

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Aber wenn Wiedergeburt, dann doch erst nachdem ihr der George erschien oder?

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    • phyxius · Oktober 28, 2013

      Gute Frage. Nach dem Kino habe ich auch eine Unterhaltung von zwei Besuchern mitbekommen, die die Geburtssymbolik von Beginn an im Film ausgemacht haben wollten und die einzelnen Protagonisten die männlichen Samenzellen darstellen sollten, von denen normalerweise nur eine überlebt . So weit habe ich das zwar nicht gesehen, aber spätestens mit dieser Schwebeszene war für mich klar, dass jetzt die einzelnen Stadien vom Babywachstum irgendwie optisch symbolisiert werden. Das wackelige Gehen waren dann die ersten Schritte im „neuen“ Leben. Aber Du hast Recht, diese Sichtweise klappt nur, wenn man den Kowalski als eigene Filmebene sieht.
      Wer das generell für Überinterpretation hält, der kann sich damit behelfen, dass Muskeln mangels Belastung in der Schwerelosigkeit langsam abbauen und sie sich erst mal wieder an die Schwerkraft gewöhnen musste :).

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    • Xander · Oktober 28, 2013

      Das mit den Samenzellen scheint mir sehr weit her geholt, mit kann auch zu viel rein interpretieren. Das mit dem Schweben klingt plausibel, auch wenn es mir nicht direkt aufgefallen ist.

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  9. Lukas Stracke · November 3, 2013

    Der Clooney-Abgang ist physikalisch korrekt (oder zumindest nicht völlig abwegig). Jede Kraft erzeugt eine Gegenkraft. Anders gesagt: wenn Sandra George zu sich zieht, zieht sie sich mit der gleichen Kraft zu ihm hin. Das Kabel, was Sandra Bullock zurückgehalten hat, war nicht stabil genug, um diese Kraft auszugleichen und hätte sich gelöst. Und Fliehkräfte gibt es natürlich auch im Weltraum, da die aus der Masse eines Körpers folgen, nicht aus der Schwerkraft.

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