Kurzkritiken: SPIDER-MAN 1-3 [2002 – 2007]; THE AMAZING SPIDER-MAN [2012]

„Du bist größer als du aussiehst!“ – „Ich geh geduckt.“

Bedeutungsschwangere Reden, Pathos, Kitsch und Teenie-Probleme: Der erste „Spider Man“ von Raimie war so ein typischer, klischeebeladener Superheldenfilm, das ist mir jetzt erst aufgefallen. Beispielhaft sei hier zu erwähnen, dass es wohl kaum einen klassischen Superheldenfilm gibt, bei dem unser Held nicht in regnerischer Nacht einen im Auto davonjagenden Gangster verfolgt, dem schon die Polizei auf den Fersen ist. Vorgeschichte, Kräfteerlangung, Motivation (persönliches Drama), Antagonist: Alles ist hier schön vom Reißbrett skizziert und Parkers persönliches Drama kommt auch nicht zu kurz. Es geht um unerfüllte Liebe von jemandem, der Opfer bringen muss, für die Sache, für die er kämpft. Aber gleichzeitig auch um die Rivalität mit seinem besten Freund um eben jenes Mädchen, was sich aber (natürlich) schon längst in den kostümierten Kämpfer für das Gute verliebt hat. Fast alles, was gesagt wird, ist von tiefer Bedeutung, für den Helden („Aus großer Kraft entsteht große Verantwortung“) als auch für die, die er liebt („Ich werde immer dein Freund sein“ – „Nur mein Freund?“). Konflikte werden vorbereitet („Eines Tages wird Spider-Man dafür bezahlen!“) und aufgelöst („Ich hatte einen Vater. Sein Name war Ben!“). Und doch: All das ist Raimi durchaus bewusst, so dass sein „Spider-Man“ einfach nur unterhalten und keine realistische Charakterstudie sein will. Nur so ist schließlich auch zu erklären, dass Spider-Man in den animierten Sequenzen wie ein Gummiball auf Crack ohne Einfluss jeglicher Schwerkraft durch die Stadt hüpft. Und noch eines wird deutlich: Raimie erfüllt seinen „Spider-Man“ mit Liebe. So kitschig sich das anhört: Man fühlt mit den Charakteren, man lacht mit ihnen, und was noch wichtiger: Man bangt um sie.

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Kurzkritik: PLANET DER AFFEN – PREVOLUTION [2011]

Schon wieder ein „Planet der Affen“? Nach Tim Burton Remake 2001 hatte ich gedacht, dass Thema wäre durch, für so ein Projekt gibt niemand mehr Geld, denn der Film war alles andere als überzeugend und Fortsetzungen damit eigentlich ausgeschlossen. Und so ist natürlich der erste Gedanke, dass auch dieses Franchise von Hollywoods Fortsetzungs-, Remake- und Reboot-Wahn nicht verschont bleibt, damit noch etwas Geld in die Kasse kommt. Auch der Trailer macht sich wirklich alle Mühe, den Film beliebig ausschauen zu lassen, so dass man meint, einen neuen seelenlosen Popcorn-Actioner vor sich zu haben. Womit eigentlich deutlich wird, dass ich diesen Film nun wirklich nicht auf meiner Liste hatte. Das ich ihn nun dennoch gesehen habe, ist einerseits einer Mehrheitsentscheidung geschuldet, andererseits war es aber dann doch eine kleine Restneugier.

Erzählt wird die Vorgeschichte der Original-Filmreihe: In der Hoffnung, ein Mittel gegen Alzheimer zu finden, testet der Wissenschaftler Will Rodman Medikamente an Menschenaffen. Bei der Schimpansendame Bright Eyes hat er Erfolg: Sie wird scheinbar sogar wesentlich intelligenter. Was niemand ahnt: Bright Eyes ist schwanger, und als sie ihr Baby bekommen hat, wird sie beim Versuch es zu verteidigen getötet. Will nimmt das Affenbaby Caesar mit zu sich nach Hause und zieht es auf. Er bemerkt, dass Caesar die Intelligenz seiner Mutter geerbt hat. Doch Will lernt sehr schnell, dass man in die Natur nicht eingreifen darf…

Wann hat man das schon, dass es bei einem Hollywood-Blockbuster schwierig wird, die Geschichte kurz und knapp zusammenzufassen? Ich hab das im oberen Absatz auch nur stark verkürzt, denn erstaunlicherweise kümmert sich der „Planet der Affen“ sehr intensiv um seine Geschichte und weniger um die Action. Der Hauptdarsteller des Film ist auch Caesar und kein Mensch und man begleitet ihn von klein auf – quasi von der Geburt bis zur Revolution. An guten Tagen freut man sich mit ihm, im Tierheim leidet man mit ihm, und das ist auch die Intention des Films: Man versteht ihn am Ende auch, und damit hatte ich am allerwenigsten gerechnet. Der Film tendiert nicht zum „haut die blöden Affen zu Klump“, er ist mehr Drama als Actionfilm, und das ist ganz groß. Wenn man den Affen auch zeitweise ihre digitale Herkunft ansieht: Man denkt da im Laufe des Films gar nicht mehr drüber nach. Die Affen sind die Stars und Leidtragenden des Films.

Wer also einen reinen Actioner erwartet, der wird enttäuscht sein. Dem wird das alles zu lange dauern, der wird sich langweilen, und der wird dem recht kurzen Showdown nicht viel abgewinnen können. Wer allerdings damit leben kann, dass sich die Geschichte Zeit nimmt, dass Caeser über mehr Persönlichkeit verfügt als man von Affen gewohnt ist, dass der Film eigentlich ein Drama ist, der wird bestens unterhalten werden. Sicherlich, Wunder darf man von dem Drehbuch dann doch nicht erwarten. Das ein oder andere Mal wundert man sich doch aufgrund von Logikproblemen, die menschlichen Darsteller sind doch recht blass, und wer will, findet sowieso noch viel mehr. Aber der Film bewegt, lässt einen die Zeit vergessen und besitzt im Ansatz etwas, was den meisten kalkulierten Kassenhits heutzutage abgeht: Eine Seele. Wenn auch nur eine digitale.

Kritik: 127 STUNDEN [2011]

Eigentlich konnte bei dem Film 127 Stunden mit Danny Boyle als Regisseur ja gar nichts schief gehen. Wenn ich von all seinen Filmen auch nur Trainspotting, 28 Days Later und Sunshine gesehen habe, so sind diese doch allesamt ziemlich super. Bei Slumdog Millionaire gehe ich auch erst einmal davon aus, bis mir eine Sichtung das Gegenteil beweist. Natürlich war die Umsetzung der Geschichte von Aron Ralston bestimmt nicht einfach, geht es doch, vereinfacht gesagt, nur darum, wie er 127 Stunden mit seiner Hand in einer Felsspalte feststeckt. Wie soll das einen Spielfilm füllen?

Man sollte denken, dass dann eben die Vorgeschichte Zeit in Anspruch nimmt, oder, wer den Ausgang der Geschichte nicht kennt, dass nebenbei noch von einer Suchaktion erzählt wird – nichts dergleichen. Recht schnell sind sowohl Aron als auch der Zuschauer im Canyon gefangen, und die Geschehnisse im Vorfeld scheinen weit weg. Der Film beginn in der lauten, bunten und hektischen Stadt, was uns Boyle mittels Splitscreen dreimal so deutlich machen will (und was ihm auch gelingt). Ist Aron erst mal eingeklemmt, kehrt fürs erste Ruhe ein. Und eine Ansicht auf seine Situation aus der Vogelperspektive macht deutlich, dass er echt in der Scheiße sitzt.

Und das zeigt man am besten, in dem man den Zuschauer an Arons Empfindungen teilhaben lässt, sie visualisiert. Dabei sind es nicht einmal die Schmerzen, auf die der Film – bis es zum Unausweichlichen kommt – kaum eingeht. Es ist beispielsweise der Durst und die drohende Wasserknappheit, die einem mehr als deutlich gemacht wird, der sich einschleichende Wahnsinn, wenn Aron halluziniert oder sich selber interviewt, inkl. Applaus und Publikumsgelächter vom Tonband. Und es sind Flashbacks (oder Halluzinationen?) von früher, seiner Exfreundin, seiner Familie, durch die man dem Protagonisten, der einem bis dato verhältnismäßig egal war, etwas näher kommt. Er wird einem nicht sympathisch, aber man wünscht ihm auch nicht den Tod. Und wenn der „Hollywood Reporter“ schreibt: „Jon Harris‘ Schnitt ist makellos“ möchte man hinzufügen: Der hatte ja auch besseres Schneidewerkzeug zur Verfügung als Aron.

127 Stunden ist ein großartiger Film. Es ist wirklich sehr lange her, das ich das letzte mal im Kino so von der intensiven Atmosphäre, die der Film aufbaut, mitgerissen wurde. Die Leistung Francos sowie die audiovisuelle Umsetzung lassen den Zuschauer mitlachen, mitbangen und sogar leichte Phantomschmerzen im rechten Arm verspüren. Wir hätten an dem Abend auch 72 Stunden mit Russell Crowe gucken können. Was 55 Stunden doch für einen Unterschied machen können: Denn DEN Film hätte man am nächsten Morgen bestimmt wieder vergessen. Bei 127 Stunden wird das nicht so schnell geschehen.