Ein Jahr nach dem verkorksten Harry Potter und der Halbblutprinz bringt Yates auch die erste Hälfte des letzten Buches auf die Leinwand, und die Erwartungen meinerseits waren dementsprechend gering. Im Grunde war es nur noch das Bedürfnis, zumindest alle Filme gesehen zu haben und weniger der Wunsch oder gar die Vorfreude, den Film unbedingt gucken zu wollen. Es muss jedoch dazugesagt werden, dass es zumindest zwei gute Ideen vor dem Kinostart gab: Die eine war es, den letzten Band in zwei Filme aufzuteilen, was sicherlich aus mehr-Geld-verdienen-Gründen geschah, die Angst vor unnötigen Kürzungen aber etwas linderte. Die zweite gute Idee kam jedoch erst kurz voher: Harry Potter and the Deathly Hallows erscheint entgegen bisherigen Überlegungen doch nicht in 3D, und kein 3D ist immer noch besser als Möchtegern-3D, wie es bei Kampf der Titanen der Fall gewesen sein soll. 3D wird sowieso überschätzt.
Gespannt war ich jedenfalls, wie der Film die durch die Vorgängerfilme selbst gestellten Probleme löst – die ja seinerzeit nur durch unverständliche Auslassungen oder Abwandlungen der Story entstanden. Das beim Halbblutprinzen der Fuchsbau zerstört wurde, in welchem Bill und Fleur eigentlich noch heiraten wollen, ist da noch das geringere Übel, den kann man ja wieder aufbauen. Wenn man denn erstmal akzeptiert, dass die beiden „plötzlich“ heiraten. Nachdem man Bill dann überhaupt erst mal kennengelernt hat. Und Harry und Ginny sind ja auch nicht mehr zusammen; wenn ich mich recht erinnere, wurde die Trennung filmisch noch gar nicht erwähnt. Und wenn der Opener des Films nicht aus Dumbledores Beerdigung besteht, dann weiß ich auch nicht…
Doch worum geht es überhaupt? Vor seinem Tod beauftragte Dumbledore Harry damit, Voldermorts Horkruxe zu finden und zu zerstören. In die Horkruxe hatte dieser seinerzeit seine Seele aufgeteilt, um auf diese Weise unsterblich zu werden – jeweils in dem er einen Menschen tötete. Tom Riddles Tagebuch war einer davon (siehe H.P. & die Kammer des Schreckens), und ebenso das Medaillon, welches Dumbledore zusammen mit Harry im letzten Band gefunden hatte – welches allerdings nur eine Kopie war. Einen dritten Horkrux, den Ring von Vorlost Gaunt, hatte Dumbledore zu diesem Zeitpunkt schon zerstört. Jetzt liegt es an Harry, Ron und Hermine, zum einen das Original-Medaillon zu finden und zum anderen die restlichen Horkruxe… um schließlich Voldemort für immer zu besiegen.
Man kann es erahnen: Selbst wenn man keines der Bücher gelesen hat, ohne Kenntniss der Vorgängerfilme wird es schon schwierig. Wenn man nun noch bedenkt, dass sich das letzte Buch auf Dinge bezieht, die in den Vorgängerfilmen ignoriert wurden, wird es schon schwieriger, dem Ganzen zu folgen, selbst wenn man die Filme kennt. Als kompletter Neueinsteiger hat man, und da kann man das Buch auch Seite für Seite verfilmen und ein 10 Stunden-Epos daraus machen, sowieso verloren. Zumindest hatte ich mir im Vorfeld fest vorgenommen, den Film unabhängig vom Buch zu betrachten, denn die Filme laufen, wie oben schon erwähnt, sowieso mehr oder weniger unabhängig davon. Selbst wenn die Horkruxe in diesem Film überhaupt gar nicht erwähnt werden würden, es sollte mir egal sein. Selbst wenn der Protagonist plötzlich Kurt heißt, solange das innerhalb des Films schlüssig ist, warum nicht.
Hatte ich mir so überlegt.
Hat aber so nicht ganz funktioniert.
Denn obwohl die Horkruxe tatsächlich erwähnt werden (!) und Harry nicht Kurt heißt, funktioniert das alles nicht 100% so wie gewünscht. Zum einen wird Dumbledores Beerdigung nicht nur nicht am Anfang, sondern der Einfachheit halber gar nicht gezeigt, geschweige denn erwähnt. Harrys Beziehung zu ihm ist dem Film egal, fast die komplette Sache mit Ritas Biografie wird außen vor gelassen, und somit auch Harrys starke Zweifel, ob er Dumbledore überhaupt richtig kannte – es wird kurz erwähnt, das muss reichen. Ansonsten, und bedenkt man die beiden Vorgängerfilme, ist das schon beachtlich, hielt sich Yates diesmal erstaunlich dicht an die Romanvorlage. Was aber auch zum Problem wird, hatte er dies doch zuvor nicht für nötig gehalten. Und eben so kommt es, dass man wirklich die Romanvorlagen kennen muss, um den Film komplett zu verstehen. Denn auch wenn so manche, zuvor ausgelassene Szene als Zeitungsüberschrift im Tagespropheten wiederzuerkennen ist, so wirkt dies doch vielmehr als nettes Gimmick für aufmerksame Zuschauer, allen anderen ist dies wahrscheinlich egal.
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