Nach „Des Todes dunkler Bruder“ und „Dunkler Dämon“ wurde es langsam Zeit, sich wieder literarisch mit „Dexter“ zu beschäftigen – nachdem ja auch nicht davon auszugehen ist, dass es nach Staffel 8 mit der Serie weitergeht (wobei sich die Frage stellt, ob man das nach dem Serienfinale überhaupt möchte). Das Buch allerdings scheint vergriffen – aber ok, wenn es dies selbst gebraucht nicht mehr zu humanen Preisen gibt, dann lass ich mir halt vorlesen, das ist ja eh so ein Trend zur Zeit (wenn schon Christoph Maria Herbst die Straßenverkehrsordnung liest…). Ich merkte jedenfalls schnell, das mein Kurzzeitgedächtnis wieder zugeschlagen hat, denn irgendwie hatte ich die Geschehnisse aus „Dunkler Dämon“ schon komplett verdrängt. Anfangs dachte ich sogar, das hier wäre Band 2 und ich hätte „Dunkler Dämon“ nie gelesen… das mit dem Saufen, dass sollte ich echt sein lassen. Aber schnell waren alle Unklarheiten beseitigt und ich konnte mich wieder voll und ganz in Dexters Gedanken hineinversetzen. (Geringe Spoiler sind zu erwarten, größere Spoiler sind gekennzeichnet).
Der Prolog des Buches machte mich direkt stutzig. Sollte dies etwa eine halbherzige Erklärung für Dexters dunklen Passagier werden? Irgendein übernatürliches „Es“, welches seit Anbeginn der Zeit existiert und von ihm Besitz ergriffen hat? Mit Kapitel 1 war dann zwar erst mal keine Rede mehr davon (da macht er sich hauptsächlich Gedanken wegen der Hochzeit mit Rita), aber ich war gewarnt – und hoffte: Bitte keinen übernatürlichen Schnickschnack! Stattdessen: Schnell zu seinem ersten „Kandidaten“, bevor der Haupt-Serienkiller zuschlägt, man braucht ja was zum warm werden. Das sein erstes Opfer ausgerechnet Xander heißen musste konnte ich zwar nicht gutheißen, ließ sich aber nun mal nicht ändern.
Noch bevor man wusste, wer sein Gegner in diesem Buch sein würde war im Grunde schon für Spannung gesorgt: Nicht nur, wie es mit der bevorstehenden Hochzeit von Dexter und Rita weitergeht war die Frage sondern auch, wie er sich die „Erziehung“ von Astor und Cody vorstellt, hat er sich doch zum Ziel gesetzt ihre „dunklen Passagiere“ in die richtigen (also seine) Bahnen zu lenken. Ein mörderisches Trio? Dieser Teil interessierte mich schon fast mehr als die Hauptstory, welche dann aber auch mit einer Überraschung aufwarten kann: Dexters düsterer Begleiter erschrickt sich scheinbar beim Anblick der ersten Opfer so sehr, dass er verschwindet…
Bis es dann so richtig losgeht, dauert es seine Zeit, aber was Dexter bis dahin zu erledigen hat ist auch recht amüsant, insbesondere als es um das Catering für die Hochzeit geht. Dann aber bald der nächste Rückschlag: Der „Beschatter“, welcher Dexters dunklen Passagier unruhig werden lässt. Hier nun scheinbar die Bestätigung: Es wird übernatürlich, Dexters düsterer Begleiter führt ein Eigenleben und wird – so scheint es zu diesem Zeitpunkt – von einem Artgenossen verfolgt. Oh bitte. Soll das eine Rechtfertigung für Dexters Taten sein? So nach dem Motto „Er kann ja nichts dafür sondern wurde von einem fremden Wesen eingenommen“? Aber auch hier hatte ich noch Hoffnung dass es noch wird, dass Lindsay nur eine falsche Fährte gelegt hat. Denn so interessant der Ansatz auch ist, eine Erklärung für Dexters Taten zu finden bzw. sein Leben ohne dunklen Passagier zu zeigen, so hätte man es sich hiermit viel zu einfach (und unglaubwürdig) gemacht.
Ansonsten passiert jedoch erstaunlich wenig, was auch Lindsay merkt und sich somit des öfteren wiederholen und im Kreis drehen muss. Nur mal ein Beispiel: Dexters Nackenhaare scheinen sich bald öfter aufzustellen als in „Verblendung“ Kaffee getrunken wird, und das heißt schon was. Desweiteren lässt er sich mehrmals gefühlt seitenweise über diese Leere nach dem Verschwinden des Passagiers aus – aber irgendwann hat man es nun mal verstanden und wünscht sich eher ein Fortschreiten der Handlung.
Der Teil über Dexters dunklen Passagier hat mich also sehr enttäuscht und ich hoffe, dass dies in den Folgebänden nicht weiter thematisiert wird. Die restliche Geschichte war jedoch unterhaltsam zu lesen: Die Hochzeitsvorbereitungen sowie die Ausbildung der beiden Kinder sorgten für Abwechslung und Humor, von dem es in diesem Band gefühlt etwas weniger gab. (SPOILER) Das Ende jedoch ist schon wieder auf seine Art witzig: Während der Hochzeitszeremonie bereitet Dexter der Gedanke an ein Leben mit Rita und den Kindern so viel Qual, dass sein düsterer Begleiter zurückkehrt. Das ist schon sehr böse von Lindsay… (/SPOILER)
Insgesamt gesehen kann „Komm zurück mein dunkler Bruder“ jedoch nicht mit den beiden ersten Bänden mithalten, was schade ist und vor allem: In welche Richtung geht es in den Folgebänden weiter?
Klingt einerseits spannend, andererseits aber auch ziemlich doof. Ich glaube bei „Dexter“ belasse ich es bei der TV-Serie und streiche das Finale aus meinem Gedächtnis.
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Naja, die ersten beiden Bände fand ich ja auch wesentlich besser. Da könntest du in deiner vielen Freizeit mit ruhigem Gewissen mal reinschauen!
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