Aus Anlass des heutigen siebten Geburtstags besuchten wir für diese Ausgabe „Zu Besuch bei…“ einmal „Xanders Blog“, haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen und waren fast „live“ dabei, als ein Artikel entstand. Seit der Entstehung des Blogs am 25. Januar 2008 haben sich die Rahmenbedingungen natürlich stets geändert, wurde in neue Technik investiert und bereits zwei Mal wurden neue Büroräume bezogen, um sich den Anforderungen des Marktes anzupassen.
Es ist Montag, 11:23 Uhr, als wir aus unserem Auto steigen und zum ersten Mal den neuen Bürokomplex der Redaktion von außen betrachten. Das Haus strahlt einen gewissen Charme aus, die verwitterten Klinker erzählen Geschichten aus früheren Zeiten, die parkähnliche Gartenanlage wurde scheinbar gezielt in einem romantischen, naturnahen Zustand belassen und lädt dadurch zum Verweilen ein. Bevor wir uns der Tür zuwenden, lassen wir unseren Blick noch einmal schweifen. Die Umgebung birgt viel Ruhe in sich, die Nachbarschaft lädt gerade dazu ein um sich Abends zu treffen um gemeinsam eine Hopfenkaltschale zu trinken und dabei Geschichten von früher aufleben zu lassen. Wir erinnern uns an den Grund unseres Besuches und klingeln. Als Xander die Tür öffnet (im Bademantel, mit einer frisch gebrühten Tasse Earl Grey Tee in der einen und einer bescheiden wirkenden kubanischen Zigarre in der anderen Hand) freut er sich sichtlich über unser Kommen und bittet uns direkt hinein. Der Eingangsbereich ist nüchtern gestaltet, nichts deutet darauf hin dass in diesem Gemäuer eines der wichtigsten Filmblogs überhaupt seinen Sitz hat.
Als erstes betreten wir den Besprechungsraum, ausgestattet mit einem riesigen Konferenztisch im Zentrum des Raumes. Hier trifft sich also die Redaktion um die neuesten Artikel zu planen, um genau die Kritiken vorzubereiten, die schon vor ihrem Erscheinen die Filmbranche nervös werden lassen. In großen Schränken an der Wand erspähen wir die Sammlung der bereits besprochenen Filme, regelrecht versteckt hinter massiven Schranktüren. Auch fällt uns direkt die geschmackvolle Dekoration mit Film-Merchandising auf, die die Sammlung ergänzt, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Von der Decke hängt ein wuchtiger Kronleuchter, welcher eine heimelige Atmosphäre aufkommen lässt. Direkt an den Raum angeschlossen befindet sich die gut ausgestattete Redaktionsküche und das Herzstück des Hauses: Der Sichtungsraum, von Xander liebevoll „Wohnzimmer“ genannt. „Nichts soll sich hier nach Arbeit anfühlen“ erklärt er uns, „denn je entspannter man einen Film schauen kann, desto besser entfaltet er seine Wirkung.“ Ist es das etwa, das Geheimnis des Erfolges von „Xanders Blog“? Er lädt uns ein, auf dem riesigen Sofa im sogenannten Wohnzimmer Platz zu nehmen. Von hier aus hat man einen sehr guten Blick auf die technische Ausstattung, die eine unbeschwerte Sichtung überhaupt erst möglich macht und somit auch eine möglichst objektive Rezension. Als wir dies zur Sprache bringen, muss Xander schmunzeln: „Eine objektive Kritik gibt es doch gar nicht. Aber vermutlich treffen wir mit unseren Artikeln den Nerv der Leser, ansonsten wären wir ja bei weitem nicht da, wo wir jetzt sind.“ sagt er mit einer fast schon unangebrachten Bescheidenheit.
Wir sehen uns um: ein großer, der Raumgröße angemessener Fernseher, eine wie es scheint leistungsstarke 5.1.-Surround-Anlage, ein Blu-Ray-Player und ein Receiver eines bekannten Pay-TV-Anbieters. Damit sind die Möglichkeiten aber noch nicht ausgeschöpft, wie Xander uns zeigt. Über eine sogenannte „X“-Box (wobei das X vermutlich für Xander steht) ist des weiteren theoretisch der Zugriff auf diverse Streamingangebote möglich. Und doch: Trotz der dem Blog geschuldeten funktionalen Ausstattung kommt auch hier zum Vorschein, dass sich die Mitarbeiter wie zu Hause fühlen sollen: Nicht nur, dass auch das „Wohnzimmer“ wenig an den eigentlichen Zweck erinnert, auch entdecken wir durch Zufall einen nicht ganz so unscheinbaren Kickertisch, welcher für die nötige Abwechslung sorgen soll – und auch tut. „Niemand kann rund um die Uhr nur Filme schauen und sich zusätzlich noch auf die dazugehörigen Artikel konzentrieren, ohne sich zwischendurch etwas abzulenken“ erläutert der Hausherr. Paradiesische Zustände für die Mitarbeiter, welche solch exzellente Beiträge wie wir sie aus dem Blog kennen erst möglich machen. Langsam dämmert es uns, dass dieser Erfolg wahrlich nicht von ungefähr kommt. „Die Mitarbeiter sollen sich hier wohl fühlen und tun es auch – nicht umsonst sind alle aktiven Redakteure des Blogs direkt mit eingezogen“ erklärt Xander nicht ohne Stolz, und weiter: „So haben wir es auch geschafft, dass die Mitarbeiter-Fluktuation gegen Null geht.“.
Jetzt drängen wir aber darauf, das Team bei der Arbeit zu beobachten und dabei zu sein, wenn einer der begehrten Blog-Beiträge entsteht. Bewusst entscheiden wir uns für einen Film, den die Redaktion zwar schon kennt, aber noch nicht besprochen hat – so können wir auch während der Sichtung das Interview fortführen, ohne handlungsentscheidende Szenen zu verpassen. Während der Raum abgedunkelt wird und die Gerätschaften vorbereitet werden, bietet uns Xander – ganz der perfekte Gastgeber – eine Auswahl aus seiner Hausbar an. Wir entscheiden uns für einen irischen Single Malt, machen es uns auf dem Sofa gemütlich und beobachten das Team bei der Arbeit. Der Film läuft noch keine Stunde, da greift Xander zu einem Tablet, welches einsatzbereit auf einem Tisch liegt und ruft die IMDB auf. Natürlich bleiben unsere fragenden Blicke nicht unbemerkt. „Einer der Nebendarsteller kommt mir bekannt vor“ erläutert er, „und da ich den Film an sich ja schon kenne, recherchiere ich jetzt ausnahmsweise noch während der Sichtung, wo ich den Schauspieler schon einmal gesehen habe. Der Normalfall sieht natürlich so aus, dass dies im Anschluss des Films in den eigentlichen Büroräumen geschieht.“. Wir werden neugierig – scheinbar gibt es noch einen Raum, den wir noch nicht gezeigt bekommen haben, der Raum, in welchem die (von manchen Leuten den Bibeltexten gleichgestellten) Artikel entstehen. Wir haken noch nicht nach, sondern beobachten den Meister weiter bei der Arbeit. Ein Gespräch wäre momentan auch nicht möglich, denn aufgrund der derzeitigen Actionszene in dem Film kommt es uns vor, als würde der Subwoofer die gesamte Nachbarschaft beschallen. „Die Anwohner sind damit einverstanden“ wird uns Xander nach dem Film erklären, „sie freuen sich, dass wir unser neues Büro hier eingerichtet haben. Das ist ja auch etwas, mit dem man anderen Leuten gegenüber prahlen kann.“. Da ist sie wieder, diese Demut, ja fast schon Dankbarkeit vor dem Erreichten. Auf unsere Frage, ob er an einen Gott glaubt, der ihm diesen Erfolg, diesen Respekt der anderen Menschen geschenkt hat, bekommen wir jedoch keine klare Antwort. Das er nicht so gerne private Details an die Öffentlichkeit preisgibt ist bekannt, für ihn ist das eine Art Selbstschutz. „Wer so wie wir hier ständig im Fokus des Boulevards steht muss sich überlegen: Was gebe ich preis, was nicht? Man muss dabei schließlich auch an seine Familie denken.“. Auch deswegen sieht man ihn selten bei öffentlichen Veranstaltungen der Branche. „Schnell ist es dann so, dass sich alles um ‚Xanders Blog‘ dreht und weniger um den eigentlichen Anlass, wie vor einigen Jahren bei den Acadamy Awards, das war unerfreulich. Und für uns ein Zeichen: So kann es nicht weitergehen.“.
Der Film ist zu Ende und der Raum wird wieder aufgehellt. „Und, wie war der Film?“ möchten wir sofort fragen, aber Xander gibt uns direkt zu verstehen, dass diese Frage zu diesem Zeitpunkt unangebracht ist. Statt dessen füllt er noch einmal die Gläser auf und setzt sich wieder auf das Sofa. Erst jetzt fallen uns die beiden Katzen auf, welche ebenfalls anwesend sind, sich aber während des Films unauffällig verhalten haben, wie immer wenn keine Störung erwünscht ist. Nun aber recken sie sich, schleichen langsam zu ihrem Herrn und legen sich neben ihn. In den folgenden Momenten scheint es fast so als würde ein Gedankenaustausch stattfinden, ein gegenseitiges Abschätzen des soeben Gesehenen. Wir halten inne: Wird in diesem Moment der Stille und Einkehr bereits die Kritik vorformuliert? Sind wir gerade live dabei, wenn etwas Großes entsteht? „Nun ja,“ unterbricht Xander unser ehrfürchtiges Schweigen, „der Film war ganz große Scheiße.“.
Dieser Satz des Kritikerpapstes erschüttert uns, handelt es sich bei dem Film doch um ein allgemein anerkanntes Meisterwerk, welches bei Erscheinen für 35 Oscars nominiert war und sage und schreibe 37 Trophäen mit nach Hause nehmen konnte. Nachdem er noch einmal die Gläser aufgefüllt hat, lädt Xander uns endlich ins Allerheiligste ein, in – wie er es nennt – sein Büro. Wir steigen eine Treppe hinauf und die Nervosität wächst. Was wird uns dort erwarten? Im Obergeschoss angekommen, betreten wir es endlich, das Büro des Filmblogs, welches man entweder hasst oder liebt, je nachdem ob der eigene Film zuletzt gelobt oder verrissen wurde. Während wir den Raum betreten, überdenken wir noch einmal, was Xander über den Film sagte und kommen immer mehr zu der Überzeugung, dass er Recht hat – er muss es ja schließlich wissen. Nicht zum ersten Mal sind wir unendlich dankbar, in diesem Moment hier sein zu dürfen.
Das Büro strahlt direkt eine geballte Filmkompetenz aus, sobald man dieses betritt. Wie uns auffällt, liegt dies nicht zuletzt an dem mit viel Hingabe an der Wand befestigten Marvel-Poster, welches natürlich den absoluten Fachmann auszeichnet. Xanders Ansehen steigt von Minute zu Minute, je länger wir hier sind. Wir sehen uns um, während sich der Gastgeber an den Schreibtisch setzt und den Computer startet. Selbstverständlich prangt auf diesem das Logo eines angebissenen Apfels, alles andere hätte uns auch sehr verwundert. Einzig der Monitor erscheint winzig im Vergleich zu der großen Aufgabe, welche ihm zu Teil wird. Während sich Xander noch einmal einschenkt (auch wenn wir gefragt worden wären, hätten wir dankend abgelehnt), zeigt er uns, mit welcher Software und allgemein mit welcher Vorgehensweise ein Artikel entsteht, vergisst aber nicht zu erwähnen – Profi wie er ist – das er uns und unsere Familien und Freunde foltern und töten wird, wenn wir darüber an dieser Stelle berichten oder gar Aufnahmen von diesem Vorgang veröffentlichen. Ja, auch das ist in der Branche bekannt: Xander hat eiserne Prinzipien. „Die musst du heutzutage haben“ sagt er ohne gefragt worden zu sein, „andere Filmblogs – so bedeutungslos sie auch sein mögen – schlafen nicht.“. Dann gibt er uns gnädigerweise Zeit uns umzusehen – beziehungsweise checkt apathisch seine Ebay-Auktionen, ohne dabei zu vergessen dass sein Glas leer ist.
Noch immer sind wir froh dabei gewesen zu sein, dass wir die heiligen Hallen sehen durften. Aus Respekt vor dem Genie verabschieden wir uns, jedoch nicht ohne Xander ein Kissen unter den Kopf zu legen, während er gleichmäßig mit dem Kopf auf der Tastatur liegend vor sich hin schnarcht. Behutsam verlassen wir das Büro, achten darauf nicht auf die Scherben des Whisky-Glases zu treten welches aus Versehen in unsere Richtung fiel und beschließen, die Redaktion von „Xanders Blog“ in unser Nachtgebet einzuschließen.
Haha, großartig geschrieben! Sehr unterhaltsam. Da ist doch eine Gratulation angebracht für den kaum größenwahnsinnigen Xander. Besonders gut gefallen hat mir „…„X“-Box (wobei das X vermutlich für Xander steht)…“ 😀
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Vielen Dank! Ich dachte mir es wurde mal Zeit für eine ordentliche Würdigung 😉
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😀 😀 😀
Zu geil!!! Toll geschrieben!!! Und an dieser Stelle gratuliere natürlich auch ich dem großen Xander und verneige mich!!! 😀
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Vielen Dank, das hört man doch gerne – alles davon 😉
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Fantastisch 😀
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Danke! 🙂
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