APP [2013]

app_01Wer auch nur hin und wieder die Champions League im ZDF verfolgt der weiß, wie toll die Mainzer die Idee des „Second Screen“ finden. Zusätzliche Infos zum jeweiligen Spiel auf dem Handy oder Laptop, mit Statistiken und ähnlichem Gedöns – „Webtribüne“ nennen die das da. Da ist es nur logisch, dass ein Film wie „App“ seine Premiere auf diesem Sender feiert – „der erste Kinofilm mit Second-Screen“. Vorzustellen hat man sich das so: Vor dem Film installiert man sich die App zum Film auf seinem Smartphone und startet sie bei Filmbeginn, über die Tonsignale des laufenden Films werden dann diverse Aktionen auf dem Handy gestartet, die das Filmerlebniss noch bereichern sollen. Und damit meine ich kein Bonusmaterial oder Audiokommentare. Ob das funktioniert? Beim ersten Versuch meldete die App noch frech, dass sie ja wohl merken würde, dass ich den Film gerade NICHT schaue (obwohl er lief), beim zweiten Versuch klappte es reibungslos. Und? Wie wars?


Es wäre den Aufwand für so ein Filmexperiment wohl nicht wert, würde es in dem Film nicht auch um Smartphones gehen. Nach einer durchzechten Nacht stellt Studentin Anna fest, dass eine neue App auf ihrem Handy installiert wurde – „Iris“ (ein Schelm, wer das mal rückwärts liest). „Iris“ ist zunächst sehr hilfsbereit und beantwortet alle Fragen, die Anna ihr stellt. Ich glaube, etwas ähnliches gibt es ja bereits von Apple. Hab ich gehört. Aber „Iris“ will mehr – die totale Kontrolle. Und als Anna dann versucht sie zu löschen, fährt die App das volle Programm auf…

Ungewollt verschickte Videos, sich mit Geräten in der Umgebung verbindend und Menschen in den Selbstmord treibend: Vielleicht sind die Möglichkeiten der App in dem Film ein klein wenig übertrieben. Vieles wäre aber durchaus denkbar, wenn Hacker durch Apps die Kontrolle über unser Handy übernehmen. Und so stellt der Film nicht nur die Frage, wieviele Informationen wir preisgeben sollten, sondern macht auch deutlich wie lächerlich es eigentlich ist, dass alle ständig auf ihr Telefon glotzen. Das ganze wirkt zwar ein wenig wie ein Fernsehfilm, macht aber nichts. Die Geschichte ist zwar an den Haaren herbeigezogen, aber durchaus spannend. Und die Hauptdarstellerin sieht recht gut aus. Was will man mehr.

App_Screenshot1So, und was hat das jetzt mit der App zu „App“ auf sich? Zuerst hatte ich ja noch die Befürchtung, man glotzt die ganze Zeit auf sein Handy und verpasst dadurch den Film – dem ist nicht so. Die App läuft so vor sich hin und wenn sie aktiv wird, kündigt sie das durch kurzes Vibrieren an. Was in diesem Moment dann im TV passiert, ist zum einen nicht kriegsentscheidend und zum anderen dauert das auch nie wirklich lange. Zu Beginn des Films wird z.B. jemand vom Zug überfahren – und schwupps bekommt man den dazu passenden Zeitungsartikel aufs Handy. Oder „Iris“ sendet im Film ein kompromittierendes Video an sämtliche Kontakte – und zack bekommt man es zeitgleich mit Annas Mitstudenten zugeschickt und kann es sich auf dem Handy anschauen – mit den Leuten im Film. Letztes Beispiel: Anna kommt der Sache langsam auf den Grund – und die Verantwortlichen schicken sich SMS, was nun zu tun ist, diese kann man dann auf seinem Handy lesen. Und so hat man durch die App nicht nur einen kleinen Wissensvorsprung auf die Zuschauer ohne App, sondern auch auf Anna. Sicherlich, vieles ließe sich auch in ähnlicher Weise auf dem „First-Screen“ realisieren. Aber insbesondere die Sache mit den Handyvideos wirkt einfach durch diese Vorgehensweise viel stärker – und beim Finale wird dadurch noch (etwas) mehr Spannung aufgebaut, ohne das jetzt zu verraten.

„App“ ist ein gelungenes Film-Experiment, dass einen kleinen Ausblick auf die Möglichkeiten dieser Technik bietet. Der Film an sich ist jetzt kein besonderes Highlight sondern solider Durchschnitt, in Kombination mit der App aber durchaus einen Blick wert. Da diese über den Ton gesteuert wird, funktioniert es jederzeit, also auch wenn man sich den Film aufgenommen hat oder auf DVD anschaut – welche im Übrigen jetzt erhältlich ist. Viele App-Aktionen waren zwar nur eine nette Spielerei, manche hingegen intensivierten die Spannung noch etwas und lassen einen erahnen, was es noch für tolle Möglichkeiten für die Zukunft gibt. Nein, ich meine nicht das „Quizduell“ oder Dinge wie „RTL inside“.
kritik

Vielleicht noch ein paar Infos für diejenigen, die es wirklich testen wollen: Die App gibt es natürlich kostenlos sowohl für iPhone als auch für Android und sie ist – zumindest die Android-Variante – ca. 150 MB groß. Dafür muss sie dann aber auch nicht mit dem Internet verbunden sein und hakt auch nicht. Sie ist komplett „eingedeutscht“ und lautlos, so dass sie mitguckende Freunde auch nicht nervt. Der Akkuverbrauch ist überraschend gering bis kaum vorhanden (Xperia S). Den Film sollte man schon in gehobener Zimmerlautstärke schauen, damit die App die Tonsignale übers Mikrofon auffangen kann. Bisher hat sie noch keinen meiner Freunde getötet.

5 Kommentare

  1. bullion · Mai 29, 2014

    Klingt erstaunlich interessant und innovativ für unsere Ö/Rs. Werde das wohl dennoch nicht testen, da ich wenn es um Filme geht schon ganz froh bin überhaupt ohne Unterbrechung dranbleiben zu können… 😉

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    • Xander · Mai 29, 2014

      Ich weiß jetzt gar nicht ob da überhaupt an der Produktion beteiligt waren – der Film jedenfalls kommt aus den Niederlanden.

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  2. Sebastian · Mai 30, 2014

    Den habe ich auch noch auf der Liste. Leider habe ich die Ausstrahlung im ZDF letztens verpasst. Da zahlt man schon GEZ und dann verpasst man auch noch mal was, wofür man wirklich zahlt 😀

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    • Xander · Mai 30, 2014

      Gott sei Dank haben wir zur Zeit einen Probemonat der Zeitung in welcher darauf hingewiesen wurde – sonst wär der so an mir vorbei gegangen.

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  3. Poly · Juni 1, 2014

    Hab auch die Werbung im ZDF gesehen aber den Film dann doch irgendwie verpasst. Das Konzept des 2nd-Screen finde ich schon sehr interessant, es scheint jedoch immer nur als kleines Gimmick ohne echte Relevanz genutzt zu werden.

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