„Ja Mensch“, wird sich der deutsche Verleih gedacht haben, „doch noch ne Fortsetzung, und die hat nicht mal nen eigenständigen Namen. Und die hat nicht mal im Ansatz einen Bezug zu unseren 96 Stunden, die der deutsche Kinobesucher aber nun mal braucht, um den Film toll zu finden. Na, dann heißt der Film halt ’96 Hours – Taken 2′. ’96 Hours 2′ klingt ja schließlich auch blöd.“. So oder ähnlich mag das gewesen sein, damals, als sich die Fortsetzung von Liam Neesons Rachefilm ankündigte. Und man hatte schon die Befürchtung: So dumm die Entscheidung war, einem Film mit englischem Titel für den deutschen Markt einen neuen englischen Titel zu verpassen, so dumm könnte eine Fortsetzung zu diesem schon für einen Teil relativ inhaltsleeren Actioner werden. Den ersten Teil fand ich gut – rasant, actionreich, geradlinig, wenn auch mit ohne Story – aber das ist ja immer so eine Sache mit Fortsetzungen. Kennt man ja.
Böse Menschen denken nicht viel nach. Kennt man ja aus Filmen. Nachdem Bryan Mills im ersten Teil dutzendfach Albaner umlegte, schwören nun die Familien der „Opfer“ blutige Rache für den Tod ihrer Angehörigen. Und da Mills mit seiner Familie zufällig in Istanbul ist, geht es nun da zur Sache. Schon in diesen ersten Szenen kratzt man sich verwundert am Kopf. Wenn so ein Mädchenhändlerring darüber nachdenkt, diesen bösen Mann zu töten, der so viele aus der Familie umbrachte (und man das doch nun mal nicht tut), dann fragt man sich ja schon, was denn die Familien der Mädchen aus dem ersten Teil erst denken müssen. Killer mit Familiensinn, deren Verstand von zwölf bis mittags arbeitet: Genau so stellen die sich dann nachher auch in Istanbul an, wenn man das mal so verraten darf. Und dann dauert das auch noch so lange, bis es endlich losgeht. „Familie Mills macht in Istanbul Urlaub und wird von Albanern entführt“ klingt jetzt nicht so, als bräuchte man eine stundenlange Einführung in das Thema. Braucht man ja auch nicht. Man braucht ganz einfach, wie schon bei Teil eins, ansehnliche Action und markige Sprüche. Reicht. Mir. Eigentlich.
Und doch zieht es sich. So wenig das Drehbuch hergibt, so wenig passiert auch tatsächlich, was für einen Actionfilm ja schon irgendwie blöd ist. Von einer rasanten Verfolgungsjagd einmal abgesehen (wobei das Mädchen ja nicht mal nen Führerschein hat!), wird ansonsten viel telefoniert, ein wenig geballert, ein wenig geprügelt, schon tausendmal gesehen, in besser. Dem Film fehlt irgendwie die eigene Identität, selbst der Bosskampf gegen den Typen im Jogginganzug ist lahm inszeniert. Und auch wenn das Genre nicht zwingend für seine Logik bekannt ist, wird man bei „Taken 2“ doch des öfteren herausgerissen weil man sich wundert. Warum Bryan nur mit Kabelbinder gefesselt wird. Warum er seine Frau in der Höhle des Löwen allein lässt. Warum es in Istanbul niemanden juckt, wenn da eine Granate nach der anderen hochgeht. Und warum da auch alle Mercedes fahren und zu Hause alle Toyota (bzw. Lexus). Und warum seine Tochter ihr iPhone ständig auf Vibration gestellt hat. Und wieso die bösen Albaner überhaupt wussten, dass er mitsamt Familie in Istanbul ist und in welchem Hotel.
Naja. Ein Totalausfall ist „Taken 2“ nicht, fällt aber im Vergleich zu Teil 1 ab und ist im Grunde nur ein beliebiger Actionfilm, der so oder ähnlich auch direkt auf DVD erscheinen könnte, anstatt den Umweg übers Kino zu nehmen. Denn wenn schon drei Wochen nach den Geschehnissen die Tochter zu ihrem Vater sagt „Meinen Freund darfst du aber nicht umbringen!“ und alle herzlich lachen können, dann war das ja auch alles halb so wild.
Da sind wir ja gar nicht so weit auseinander, auch wenn ich einen Punkt mehr gegeben habe. Schöne Herleitung zum deutschen Titel übrigens! 😀
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