Kritik: DER KLEINE NICK [2010]
Was gab es für ein großes Hallo als es damals hieß, „Der Herr der Ringe“ wird verfilmt. Als unverfilmbar galt das Werk. Der Großteil der Fans jedoch konnte von Peter Jackson zufriedengestellt werden. Viel schwieriger als die detailierten Abenteuer Frodos in Mittelerde war für mich jedoch die Vorstellung, dass „Der kleine Nick“ verfilmt werden sollte. Nicht nur, dass Nick in all seinen Abenteuern als Ich-Erzähler auftritt, mit all seinen teilweisen naiven Sichtweisen und kindlicher Logik, die Geschichten sind für mich auch untrennbar mit den Zeichnungen Sempés verbunden. Ich war gespannt, wie das als Real-Verfilmung funktionieren sollte, vor allem die „Massen-Szenen“, in denen sich alle Jungs gegenseitig eins auf die Nase geben (außer Adalbert, weil der eine Brille trägt). Der Trailer wirkte damals ganz ok, ins Kino hab ichs nicht geschafft, nun also die Sichtung im Heimkino, und bei solchen Komödien ist das ja auch völlig ok.
Joachim ist entsetzt: Er hat ein kleines Brüderchen bekommen und fühlt sich nun völlig vernachlässigt. Als er dann eines Tages nicht in die Schule kommt, ist für Nick und die anderen Jungs die Sache klar: Joachim wurde im Wald ausgesetzt, da für ihn kein Platz mehr ist. Dann macht Nick eine schreckliche Entdeckung: Seine Eltern zeigen scheinbar die gleichen Symptome wie Joachims Eltern, kurz bevor sein Brüderchen da war. Er bekommt es mit der Angst zu tun: Was, wenn er nun auch ein Brüderchen bekommt und ebenfalls im Wald ausgesetzt wird? Das gilt es zu verhindern, und so heckt er mit seinen Kumpels einen Plan aus…
„Der kleine Nick“ spielt in einer steril überzeichneten Welt der 50er-60er-Jahre. Damals war die Welt noch in Ordnung und eines der größten Probleme ist da noch, wenn Nick für einen Schulaufsatz nicht weiß, was er später einmal werden will. Das Setting passt schon mal, denn zu der Zeit kamen ja auch die ersten Geschichten Nicks heraus. Wo es anfängt schwierig zu werden, sind die Charaktere. In den Büchern kennt man sie nur aus den Erzählungen von Nick. Ob das alles wirklich so ist, wie er es beschreibt weiß man nicht, denn Kinder sehen manche Dinge ja nun mal etwas anders, als sie tatsächlich sind, und dass macht ja auch mit den Charme aus. Für den Film jedoch muss man sich festlegen, denn obwohl Nick hier als Off-Sprecher agiert, entspringen die Bilder, die der Zuschauer zu sehen bekommt, nicht alleine seiner Sichtweise. Schließlich ist er nicht mal in allen Szenen anwesend, kann diese also auch nicht erzählen. Die überzeichneten Charaktere entsprechen jedoch trotzdem exakt denen aus den Büchern. Der dicke Otto, der immer am Essen ist, Chlodwig, der immer in der Ecke stehen muss oder Adalbert, der Klassenbeste – so kennt man sie, und so sieht man sie auch im Film. Und so hat jeder Charakter seine Momente (auch Nicks Eltern, die ganz andere Sorgen als die Kinder haben), und durch die Einbindung diverser Buch-Abenteuer fühlt man sich auch beständig an diese erinnert. Und doch fehlt irgendetwas, denn an den Charme der wuseligen Zeichnungen kommt leider keine der Kameraeinstellungen heran.
Man sollte Buchverfilmungen nicht immer an ihrer Vorlage messen. Wenn man diese jedoch kennt, ist es fast unmöglich, den Film fortwährend mit dieser zu vergleichen. Natürlich hat es ein Film schwer, sich mit den Büchern vom kleinen Nick zu messen, sind diese doch auf ihre eigene Art schwer umsetzbar. Doch kann man den Film auch als etwas Eigenständiges sehen, denn „Le Petit Nicolas“ dürfte auch all diejenigen unterhalten, die die Bücher nicht kennen. Im Grunde ist es ein Kinderfilm, an dem auch jung gebliebene Erwachsene ihren Spaß haben werden. Er besteht zwar nicht aus einer Ansammlung von Schenkelklopfern, doch beim Abspann sollte jeder ein Lächeln im Gesicht haben, denn man weiß, warum Nick anfangs keine Ahnung hat, was er werden soll: Eigentlich soll sich gar nichts verändern, denn es ist ja prima so, wie es jetzt ist. Auch wenn er am Ende einsieht, dass nicht jede Veränderung automatisch schlecht ist.