Kurzkritik: MARY & MAX – oder: Schrumpfen Schafe, wenn es regnet? [2009]

Mary Daisy Dinkle, acht Jahre alt, lebt in Australien und ist todunglücklich. Ihre Mutter ist Alkoholikerin, ihr Vater zieht sich immer in seinen Schuppen zurück und präpariert tote Tiere und sie hat keine Freunde, unter anderem weil sie auch ein merkwürdiges Muttermal mitten auf der Stirn hat.
Max Jerry Horrowitz, 44 Jahre alt, lebt einsam in New York und hat ebenfalls keine Freunde, weil er unter dem Asperger-Syndrom leidet. Soziale Interaktion mit anderen Menschen fällt ihm schwer, alles Fremde löst Panikattacken in ihm aus.
Mary glaubt, dass Babys in Australien in Biergläsern gefunden werden. Um festzustellen, ob dies woanders auch so ist, sucht sie sich nach dem Zufallsprinzip Max‘ Adresse aus dem Telefonbuch von New York und schreibt ihm einen Brief, woraufhin sich eine wunderbare, tragikomische Freundschaft entwickelt…

Nicht alle Filme, die animierte und/oder geknetete Hauptdarsteller beinhalten, sind automatisch für Kinder. Trotz des doch eher lustigen deutschen Titels gehört „Mary & Max – oder: Schrumpfen Schafe wenn es regnet?“ definitiv nicht in Kinderhände, oder zumindest nicht in all zu kleine. Davon abgesehen, dass die Kleinen den Film bestenfalls langweilig finden, gehört die Thematik doch eher nicht so in das Interessengebiet kleiner Kinder. Behinderungen, Isolation, Suizid: Es sind schwere Geschütze, die Sam Elliot in seinem ersten Spielfilm auffährt. Dabei fängt ja alles recht harmlos an. Mary und Max werden einzeln vorgestellt, man lernt sie kennen, und noch achtet man auf die Kleinigkeiten – wie gut die Animation gelungen ist, ob man Fingerabdrücke auf den Figuren sieht (ich meine einen entdeckt zu haben) – doch mehr und mehr zieht einen der Film in seinen Bann. Es sind die lustigen Stellen, etwa wenn Max von seinem imaginären Freund erzählt: Als ihm sein Psychiater sagte, er brauche ihn nicht mehr, sehen wir diesen imaginären Freund „Mr. Ravioli“, wie er in einer Ecke sitzt und Selbsthilfebücher liest. Und es sind die tragischen Momente, etwa wenn der Tod Marys Mutter gezeigt wird (der allerdings auch eine gewisse Komik innehat). Und während sich Mary allem Anschein nach weiterentwickelt, bleibt bei Max alles beim Alten, abgesehen von der Tatsache, das Mary ein wichtiger Teil seines Lebens geworden ist, für welches er sich drei Ziele gesetzt hat: Ein Lebensvorrat an Schokolade, alle Figuren der Noblets besitzen, einen Freund finden.

„Mary & Max“ ist einer dieser besonderen Filme, die einen zum Lachen bringen, die aber auch das Gegenteil bewirken (können). Direkt nach dem Film weiß man eigentlich gar nicht, wie man sich fühlen soll, auf keinen Fall denkt man weiter über die Herstellung des Films nach, sondern über Mary und Max, die beiden einsamen MENSCHEN, die sich gefunden, zwischendurch verloren, und am Ende wieder – gefunden? – haben. Eine Geschichte über Freundschaft, die Liebe, das Leben und den Tod. Und darüber, ob Babys von Prostituierten in Eiern gelegt werden, wenn man Atheist ist. Oder ob Schafe im Regen schrumpfen.

4 Kommentare

  1. Flo Lieb · Dezember 27, 2011

    Jop, sehr schöner Film – daher auch 2010 in meiner Jahresliste gelandet 🙂

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  2. luzifus · Dezember 27, 2011

    Ja, in der Tat ein wundervoller Film, an dessem sehr bewegenden Ende ich mir im Kino tatsächlich mal ein paar Tränen verdrücken musste.

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  3. Xander · Dezember 27, 2011

    Allgemeine Einigkeit, sehr schön.
    Das Ende macht es einem in der Tat nicht leicht, „bewegend“ trifft es sehr gut.

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