Kritik: INGLOURIOUS BASTERDS [2009]


„Schon von uns gehört? Dann weißt du, dass wir nicht im Gefangennehmen-Geschäft sind.
Wir sind im Nazitöten-Geschäft. Und mein Freund – das Geschäft brummt.“

In Inglourious Basterds habe ich schon große Hoffnungen gesetzt. Nachdem Death Proof ja mehr oder weniger, eigentlich eher mehr, also jedenfalls enttäuscht hat, hielt sich meine Vorfreude bei der Ankündigung des neuesten Tarantino-Streifens doch in Grenzen. Bis auf ein Plakat und einen eher beiläufig präsentierten Trailer fand der Film in diesem Blog also quasi nicht statt. Da bin dann ja doch ziemlich subjektiv. Death Proof krankte ja vor allem an seinen ausschweifenden, dabei aber völlig belanglosen Dialogen, die vielleicht hip sein sollten, im Grunde aber nur genervt haben. Aufgrund vereinzelter, sehr guter Szenen schaffte er es jedoch, nicht komplett abzustürzen. Nachdem Kill Bill 2 ja auch schon nicht ganz so gut war wie sein erster Teil, war die Befürchtung groß, mit den Basterds sei der bisherige Tiefpunkt in Tarantinos Karriere erreicht (obwohl die Anmerkung erlaubt sei, dass ich Jackie Brown noch nicht gesehen habe). Ob das auch so gekommen ist?


„Sie sind also der Judenjäger.“
– „Das ist ein Bingo! – Sagt man das so? ‚Das ist ein Bingo‘?“
„Es heißt einfach Bingo.“
– „Bingo!“

Lt. Aldo Raine wird mit seinen Männern, den sogenannten „Inglourious Basterds“ im von Nazis besetzten Frankreich abgesetzt. Sein Auftrag: So viele Nazis töten wie möglich und so diese zu verunsichern. Als sie hören, dass der Führungsstab der Deutschen einer Filmpremiere in einem Kino in Paris beiwohnen wird, sehen sie ihre Chance gekommen, richtig zuzuschlagen. Die Besitzerin des Kinos wiederum, die als Emmanuelle Mimieux in Paris lebende Jüdin Shosanna Dreyfus, heckt mit ihrem Freund und Kollegen einen eigenen Plan aus – sie wollen das vollbesetzte Kino abfackeln…

Alleine schon die Titel verhießen beim Filmstart nichts Gutes. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele verschiedene Schriftarten und Stile Tarantino hier unterbrachte, aber alles deutete auf einen stilistisch wild gemixten Film hin, der auf Teufel komm raus hip und cool sein will. Doch schon das erste Kapitel Es war einmal… In einem von Nazis besetzten Frankreich ist mit das atmosphärisch dichteste und spannendste, was Tarantino je auf die Leinwand gebracht hat. Christoph Waltz als SS-Standartenführer Hans Landa bei seinem Verhör zuzusehen, verursacht ganz einfach eine Gänsehaut bis zum, im wahrsten Sinne des Wortes, bitteren Ende. Überhaupt ist seine Leistung in diesem Film gar nicht genug zu loben. Ohne Waltz wäre Basterds nur halb so gut. Jede Szene mit dem österreichischen Schauspieler ist ein Gewinn für den Film, auch wenn er gegen Ende immer kurz vor der Übertreibung steht. Das er den Film trägt, sollte außer Frage stehen.

Die weiteren Szenen und Kapitel kommen jedoch nicht mehr an die grandiose Eröffnung-Sequenz heran. Die Basterds selber, wenn sie auch dem Film ihren Namen geben, sind eigentlich nur nebenbei Teil der Geschichte, hauptsächlich wird auf die Kinobetreiberin Emmanuelle und ihren Verehrer Frederick Zoller fokussiert. Wenn vielleicht auch so angelegt, dass die Geschichte immer abwechselnd aus den Perspektiven der jeweils Handlungstreibenden erzählt wird, so hat Emmanuelle bzw. Shosanna ganz einfach viel mehr Handlung, da man den Basterds im Grunde nur beim Töten zusieht.

Schauspielerisch hervorzuheben sind neben Waltz eigentlich nur noch zwei: Daniel Brühl und Til Schweiger. Während ich im Vorfeld nie geglaubt hätte, dass man Brühl seine Rolle abnimmt, hätte ich auf der anderen Seite nie geglaubt, dass es Schweiger schafft, in seiner wenigen Screentime – so wenig aus seiner Rolle herauszuholen. Nach diesem Film sollte endgültig klar sein, dass Schweiger nur mitspielen durfte, da er in Deutschland als Publikumsliebling gilt. Das Tarantino in ihm auch nur einen Funken Talent für die Rolle des Hugo Stiglitz gesehen hat, vage ich ernsthaft zu bezweifeln. Dies ist insofern schade, dass Schweigers Rolle als einzige nicht nur in fetten, gelben Lettern, sondern auch im Stile Kill Bills mit einer Vorgeschichte vorgestellt wurde. Man fragt sich, warum – zitiert Tarantino sich jetzt ganz einfach selber, um noch kultiger zu sein? Denn das müsste den ganzen Film über gar nicht sein. Die Namenseinblendungen, der Off-Sprecher, die Stilbrüche – der Regisseur sollte einfach mal eine Geschichte erzählen, ohne sie gleich stylish verpacken zu wollen.

Inglourious Basterds ist aber trotz allem gut. Der stimmungsvolle Einstieg und die auch im weiteren Verlauf durchaus vorhandenen sehr guten Szenen trösten ohne weiteres über die (ebenfalls durchaus vorhandenen) Schwächen hinweg. Sicherlich, die lange Laufzeit ist auch wieder ausschweifenden Dialogen geschuldet. Doch wirken diese in dem Film nicht fehl am Platze, stören nicht und lassen den Zuschauer auch nicht gelangweilt im Kinosessel einschlafen. Im Endeffekt also: Ein durchaus guckbarer, guter Film.

20 Kommentare

  1. Flo Lieb · August 24, 2009

    Schauspielerisch hervorzuheben sind neben Waltz eigentlich nur noch zwei: Daniel Brühl und Til Schweiger.

    Dass Til Schweiger schauspielern darf sehe ich als ernste Verletzung der Menschenrechtscharta an. Sowas sollte man einem zahlenden Besucher eigentlich nicht antun dürfen.

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    • Xander81 · August 25, 2009

      Dann musst du einfach weiter im Text lesen – zu einem ähnlichen Schluss komm ich dann ja auch.

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  2. spanksen · August 25, 2009

    Cooles Review, freu mich schon auf den Film!

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  3. fincher · August 25, 2009

    „Die Namenseinblendungen, der Off-Sprecher, die Stilbrüche – der Regisseur sollte einfach mal eine Geschichte erzählen, ohne sie gleich stylish verpacken zu wollen.“

    Macht er doch – und ohne diese Gimmicks, ohne diese tarantino’sche Handschrift wäre das nunmal kein Tarantino. 😉

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  4. Xander81 · August 26, 2009

    Nur das es grade bei diesem film zu gewollt und aufgesetzt wirkt, wie ich finde.

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  5. Flo Lieb · August 26, 2009

    Die Namenseinblendungen sind eh total überflüssig, weil kein Schwanz in Amerika weiß, wer Martin Bormann war. Wozu also seinen Namen einblenden? Und Churchill dürften auch die wenigsten Amerikaner erkannt haben. Da geb ich dir durchaus Recht, dass das überflüssig war.

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  6. luzifus · August 26, 2009

    Mittlerweile habe ich den Film auch gesehen und kann dir nur beipflichten, ja sogar noch weiter gehen und fordern: Waltz for Oscar! Was für eine tolle Rolle! Und ich frage mich, ob die „Da zuckter“-Szene improvisiert war ;-)…

    Brühl spielt denselben Charakter wie immer: Der nette Junge von nebenan – erst kurz vor seinem Ableben darf er dann mal ganz kurz richtig böse sein. Schweiger fand ich gar nicht so schlecht. Dass er einen nicht wirklich guten Eindruck hinterlässt, liegt an seiner undankbaren Rolle, weil er kaum etwas sagen durfte. Diane Kruger fand ich da viel, viel, viel hölzerner und nerviger. Schauspielern kann man dieses doofe und emotionslose Textaufgesage von ihr wahrlich nicht nennen.

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  7. Xander · August 26, 2009

    @ luzifus: Manche meinen ja auch, die Leistung Schweigers in diesem Film besteht darin, sich mit einem Augenzwinkern selbst zu zitieren… naja, ich würde eher sagen: Mehr ist halt nicht drin, da ist nicht mal was, das man zitieren könnte. Bei Diane Kruger kann ich dir aber im Übrigen Recht geben, selbst in der synchronisierten Fassung (die allerdings bei diesem Film erst Recht zweite Wahl sein sollte) war dies überdeutlich zu merken.

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  8. luzifus · August 27, 2009

    Selbst-Zitation in Schweigers Spiel ist mir wahrlich nicht aufgefallen. Aber bei all dem Referenz- und Zitat-Gewirr von Tarantino weiß man ja nie ;-).

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  9. lalia · August 27, 2009

    will ich noch sehen… *yippyipp*

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  10. Xander · August 28, 2009

    Tu das! Lohnen tut sich auf jeden Fall.

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    • lalia · September 8, 2009

      gesehen ^^!

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  11. jacky · August 30, 2009

    ich fand die schauspielerische darbietung von schweiger nicht fehl am platz. ganz so nebenbei… das er schauspielern kann hat er uns bei seinem filmchen keinohrhase ja gezeigt. enttäuscht hat eher auf ganzer linie frau krüger. sie passt nicht in die rolle, welche sie spielt. ich hab ihr das ganze jedenfalls nicht abgenommen.

    zustimmen muss ich bei christoph waltz. eine meisterleistung! auch die jüdin shosanna dreyfus (weiss nicht wie die schauspielerin heisst) glänzt in ihrer rolle als racheengel!

    anfang und schluss kamen definitiv am besten rüber. doch auch der rest des films ist sehenswert! eine gelungene sache, wie ich es mir (mit kleinen ausnahmen) von tarantino gewöhnt bin. auf jedenfall sind einige figuren und auch der film selber award verdächtig! mir hats gefallen!

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  12. C.H. · August 30, 2009

    Schauspielerisch hervorzuheben sind neben Waltz eigentlich nur noch zwei: Daniel Brühl und Til Schweiger

    Da hast du aber die wunderbare Mélanie Laurent vergessen, die meiner Meinung nach hinter Waltz mit Abstand die beste Leistung abliefert.

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    • Xander · August 31, 2009

      Ja, doch, du hast Recht. Naja, man kann ja nicht an alles denken 😉

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  13. spanksen · August 31, 2009

    Hab ihn am Wochenende gesehen und bin hin und weg, absolut genialer Streifen. Die Schausspieler (sogar Til Schweiger) waren alle hervorragend besetzt. Und wenn man bedenkt das der Film im O-Ton noch viel besser sein soll wird es wohl mein persönlicher Film des Jahres (mal schauen was da noch so kommt)

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